Sommerberg LLP Anlegerrecht - Hochhaus

Gericht folgt Argumenten der Kanzlei Sommerberg: Schadensersatz für Immobilienfonds-Anleger

Das Landgericht Nürnberg-Fürth (Az. 6 O 3784/12) hat die Bank Cortal Consors verurteilt, einer Kundin 7.223,06 Euro zu erstatten wegen einer Aufklärungspflichtverletzung über eine empfohlene Geldanlage in den Immobilienfonds AXA Immoselect. Die klagende Anlegerin wurde in dem Gerichtsverfahren von der Kanzlei Sommerberg vertreten.

Sommerberg-Anwalt André Krajewski erklärt: „Die Entscheidung ist insofern bedeutsam, weil sich viele weitere Anleger in Immobilienfonds auf die Urteilsfeststellungen des Landgerichts Nürnberg-Fürth berufen können, um eine Schadensregulierung einzufordern.“ Das Gericht hat nämlich festgestellt, dass eine beratende Bank dem Kunden auch schon vor Herbst 2008 verpflichtet war, über das Risiko einer Fondsschließung aufzuklären. „Auf dieses Schließungsrisiko haben viele Banken jedoch in der Vergangenheit pflichtwidrig nicht hingewiesen“, so Krajewski weiter.

Die klagende Anlegerin begehrt die Rückabwicklung ihrer Investition in einen offenen Immobilienfonds wegen fehlerhafter Anlageberatung. Die Anlegerin ist Kundin bei Cortal Consors, der deutschen Zweigniederlassung einer französischen Bank. Sie erwarb auf Beratung und Empfehlung eines Cortal Consors-Mitarbeiters im März 2008 Anteile am Immobilien-Investmentfonds AXA Immoselect.

Im Oktober 2008 kam es aufgrund von Liquiditätsproblemen zu einer Aussetzung der Anteilsrücknahme des Fonds. Während dieser sogenannten Fondsschließung können die Anleger ihre Fondsanteile nicht mehr zurückgeben und erhalten keine Auszahlung ihres Anteilswertes. Die Anleger können also nicht mehr über ihr Geld verfügen.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat der Klage in der Hauptsache stattgegeben. Es hat festgestellt, dass der der klagenden Anlegerin ein Anspruch auf Rückabwicklung ihrer Fondsbeteiligung in den AXA Immoselect zusteht. Die beratende Bank hat der Klägerin ihr eingesetztes Kapital von 7.223,06 Euro nebst Zinsen gegen Rückübertragung der Fondsanteile zu erstatten. Außerdem hat die Bank die Klägerin von ihren vorgerichtlichen Anwaltskosten freizustellen und die überwiegenden Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Zur Begründung seines Urteils führt das Gericht aus, dass die Bank der Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet ist. Die Klägerin kann sich auf eine unterlassene Aufklärung hinsichtlich des allgemeinen Risikos der endgültigen Schließung und Liquidation eines Immobilienfonds berufen. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass Cortal Consors der Beratungskundin ein falsches Bild von der Anlage in den Fonds vermittelt hat.

Die Beratung zum Fonds war nach Gerichtsauffassung nicht objektgerecht. Die Bank hätte im Rahmen der Anlageberatung den Beratungskunden ungefragt auf die Möglichkeit der Aussetzung der Anteilsrücknahme gemäß § 81 InvG hinweisen müssen. Dies gilt auch für die Zeit vor der durch die Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008 ausgelösten Flucht der (institutionellen) Anleger (auch) aus offenen Immobilienfonds und unbhängig davon, ob es beim beratungsgegenständlichen Fonds bereits in der Vergangenheit zu eine Rücknahmeaussetzung kam.

Die Möglichkeit der jederzeitigen Rückgabe der Fondsanteile an die Fondsgesellschaft ist ein prägendes Strukturelement des offenen Immobilienfonds. Die Liquidität der Geldanlage ist für den Anleger gewährleistet, ohne dass er zu einem Verkauf an einer Börse oder auf einem sonstigen Sekundärmarkt gezwungen wäre. Die Möglichkeit der Aussetzung der Anteilsrücknahme ist damit eine Ausnahme, die ein Grundprinzip des offenen Immobilienfonds durchbricht, und damit systematisch / konstruktiv wesentlich.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat ferner befunden, dass der geltend gemachte Anspruch der geschädigten Anlegerin noch nicht verjährt ist. Cortal Consors, so die Feststellung des Prozessgerichts, kann sich nicht auf die kurze Verjährungsfrist von nur drei Jahren ab Fondserwerb gemäß § 37a WpHG berufen. Diese Vorschrift ist nämlich nicht anwendbar bei einem auch nur bedingt vorsätzlichen Beratungsfehler der Bank. Cortal Consors habe aber nicht nachweisen können, ohne Vorsatz falsch beraten zu haben.

LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 10. Februar 2014 – 6 O 3784/12

 


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INFINUS AG Finanzdienstleistungsinstitut: Insolvenzverfahren eröffnet

Das Amtsgericht Dresden hat mit Beschluss vom 12. Mai 2014 auch das Insolvenzverfahren über die „INFINUS AG Finanzdienstleistungsinstitut“ (FDI) eröffnet.

Die FDI – auch „blaue INFINUS“ genannt – hatte Orderschuldverschreibungen, Genussrechte und Nachrangdarlehen der zum FuBus-Konzern gehörenden Gesellschaften Future Business KGaA, PROSAVUS AG und ecoConsort AG vertrieben.

Die Staatsanwaltschaft Dresden wirft einer Reihe von Managern des FuBus-Konzerns Betrug, Kapitalanlagebetrug und Bilanzfälschung vor. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, ist davon auszugehen, dass die FDI als Vertriebsgesellschaft gegenüber den Orderschuldverschreibungsgläubigern, Genussrechtsinhabern und Nachrangdarlehensgebern auf Schadensersatz haftet.

Die Anlegerkanzlei Sommerberg vertritt deutschlandweit zahlreiche geprellte Infinus-Anleger. „Ratsuchende Anleger können sich an uns wenden. Wir sagen den Betroffenen, wie sie jetzt handeln müssen, um ihr verloren geglaubtes Geld ersetzt zu bekommen“, sagt Sommerberg-Rechtanwalt André Krajewski. Der Geschädigten-Vertreter weiter:

„Nur wer jetzt aktiv wird, hat eine Chance auf Ersatz seines Schadens.“

Nehmen Sie kontakt zu uns auf. Wir helfen gerne. Beratungstelefon für Infinus-Anleger deutschlandweit: 0421-3016790.

 


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Lebensversicherungen: Rückabwicklungsforderung mittels Widerspruch besser als der Rückkaufswert nach Kündigung

Mit dem Urteil des BGH vom 7. Mai 2014 bieten sich für zahlreiche Besitzer von Lebens- oder Rentenversicherungen, die ihre Versicherung zwischen 1995 und 2007 abgeschlossen haben, gute Möglichkeiten.

Wir raten Verbrauchern, die ihre Versicherung jetzt vorzeitig beenden wollen oder auch bereits gekündigt haben, unbedingt zu kompetenter Hilfe. Wir beraten und vertreten die Versicherungskunden deutschlandweit. Nehmen Sie einfach gerne Kontakt zu uns auf. Die Erstberatung ist kostenfrei. Folgende Punkte sind wichtig:

  1. Verbraucher, die über eine vorzeitige Beendigung ihrer Lebens- oder Rentenversicherung mittels Kündigung nachdenken, sollten unbedingt prüfen lassen, ob für sie nicht ein Widerspruch und eine Rückabwicklung des Versicherungsvertrages finanziell viel sinnvoller und vorteilhafter ist.
  2. Bei einer Kündigung seiner Lebensversicherung erhält der Kunde nur den oft sehr ungünstigen und geringen Rückkaufswert. Hingegen besteht bei einem Widerspruch ein Rückabwicklungsanspruch der je nach individueller Vertragsgestaltung und Vertragslaufzeit dazu führt, dass der Verbraucher eine deutlich höhere Zahlung erhält.
  3. Auch für bereits gekündigte Lebens- oder Rentenversicherungen kann noch nachträglich der Widerruf/Widerspruch erklärt werden, wenn die Voraussetzungen dies zulassen. Das hat der BGH am 16. Oktober 2013 entschieden, Az. IV ZR 52/12. Sehr oft wird sich dann noch eine deutliche Nachzahlung auf den Rückkaufswert ergeben.
  4. Wer in den Jahren 1995 bis 2007 seine Versicherung geschlossen hat, kann möglicherweise noch immer ein Widerspruchsrecht wirksam ausüben. Grund: In dieser Zeit haben viele Versicherungsgesellschaften unwirksame Widerspruchsbelehrungen verwendet. Deswegen kann auch jetzt noch der Widerruf/Widerspruch ausgeübt werden.
  5. Unser Team prüft für die Besitzer von Lebensversicherungen deutschlandweit, ob ein solches Widerspruchsrecht jetzt noch wahrgenommen werden kann.
  6. Wenn die Belehrung falsch ist, dann werden wir Sie informieren und kümmern uns auch gerne um alle weiteren Schritte.
  7. Der Verbraucher kann gemäß der Rechtsprechung des BGH die volle Rückabwicklung seines Lebensversicherungsvertrages verlangen, wenn der Widerspruch noch wirksam erklärt wird. Dies bedeutet, alle gezahlten Prämiengelder sind dem Kunden vollständig ebenso wie ein Zinsschaden zu erstatten. Auf diese Forderung ist jedoch der Wert des Versicherungsschutzes als Vorteil anzurechnen (für den Todesschutz).

Wenn wir für Sie tätig werden sollen, melden Sie sich kurz bei uns. Wir benötigen möglichst Ihre Versicherungspolice (Kopie) und die vorhandenen Vertragsunterlagen, oft befindet sich hier auch im Kleingedruckten die Widerrufsbelehrung bzw. Widerspruchsbelehrung. Ihr Ansprechpartner bei uns im Hause ist Herr Diler.

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Bundesgerichtshof stärkt die Rechte von Lebensversicherungs-Kunden

Mit Urteil vom 7. Mai 2014 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Besitzer von Lebensversicherungen, Rentenversicherungen und Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung auch noch nach vielen Jahren ihre Versicherung wegen ungültiger Widerrufsbelehrung auflösen und eine Prämienrückzahlung verlangen können (Aktenzeichen IV ZR 76/11).

Zum Fall:

Der klagende Versicherungsnehmer begehrt Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge aus einer Rentenversicherung nach einem Widerspruch gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. und Schadensersatz wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung.

Er beantragte bei der Beklagten den Abschluss eines Rentenversicherungsvertrages mit Vertragsbeginn zum 1. Dezember 1998. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation erhielt er mit Übersendung des Versicherungsscheins. Dabei wurde er nicht ausreichend über sein Widerspruchsrecht belehrt. Von Dezember 1998 bis Dezember 2002 zahlte der Kläger Versicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 51.129,15 €. Nachdem er den Vertrag im Juni 2007 gekündigt hatte, kehrte ihm die Beklagte im September 2007 einen Rückkaufswert von 52.705,94 € aus. Mit Schreiben vom 31. März 2008 erklärte der Kläger den Widerspruch nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. gegenüber der Beklagten und forderte sie zur Rückzahlung aller Beiträge nebst Zinsen auf.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen, weil der Widerspruch gegen das Zustandekommen des Vertrages gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. verfristet gewesen sei. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch weiter.

Der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Beschluss vom 28. März 2012 (VersR 2012, 608) dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung die Frage vorgelegt, ob Art. 15 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung unter Berücksichtigung des Art. 31 Abs. 1 der Dritten Richtlinie Lebensversicherung dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung wie in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. entgegensteht, nach der ein Rücktritts- oder Widerspruchsrecht spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Versicherungsprämie erlischt, selbst wenn der Versicherungsnehmer nicht über das Recht zum Rücktritt oder Widerspruch belehrt worden ist.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat mit Urteil vom 19. Dezember 2013 (VersR 2014, 225) die Vorlagefrage bejaht. Der IV. Zivilsenat hatte zu entscheiden, welche Folgerungen sich aus diesem Urteil für den Streitfall und vergleichbare Verfahren ergeben.

Bezüglich der Schadensersatzforderung ist die Revision als unzulässig verworfen worden, weil sie insoweit vom Berufungsgericht nicht zugelassen worden ist.

Soweit der Kläger einen Bereicherungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB geltend macht, hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Kläger kann dem Grunde nach aus ungerechtfertigter Bereicherung Rückzahlung der an die Beklagte gezahlten Prämien verlangen, weil er diese rechtsgrundlos geleistet hat. Der zwischen den Parteien abgeschlossene Rentenversicherungsvertrag ist auf der Grundlage des § 5a VVG a.F. nicht wirksam zustande gekommen, weil der Kläger rechtzeitig den Widerspruch erklärt hat. Soweit er sich darauf beruft, das Policenmodell als solches sei europarechtswidrig, konnte der Senat offenlassen, ob sich ein Versicherungsnehmer, der ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden ist und die Versicherungsbedingungen sowie eine Verbraucherinformation erhalten hat, darauf nach Durchführung des Vertrages noch berufen könnte. Jedenfalls wurde die 14-tägige Widerspruchsfrist gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. gegenüber dem Kläger nicht in Lauf gesetzt, da er nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts mit Übersendung des Versicherungsscheins nicht in drucktechnisch deutlicher Form i.S. von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. über sein Widerspruchsrecht belehrt wurde.

Nachdem der Kläger die erste von ihm geschuldete Prämie im Dezember 1998 gezahlt hatte, wäre gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sein Recht zum Widerspruch längst erloschen gewesen, als er diesen im März 2008 erklärte. Indes bestand sein Widerspruchsrecht nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort. Das ergibt sich aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Die Vorschrift weist eine verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes auf. Sie steht in Widerspruch zu dem mit dem Gesetz verfolgten Grundanliegen, die Dritte Richtlinie Lebensversicherung ordnungsgemäß in deutsches Recht umzusetzen. Die Regelung ist richtlinienkonform dergestalt zu reduzieren, dass sie im Anwendungsbereich der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn der Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über sein Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat. Hingegen ist § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. für alle Versicherungsarten außerhalb des Bereichs der Richtlinien unverändert anwendbar.

Der Höhe nach umfasst der Bereicherungsanspruch des Klägers nicht uneingeschränkt alle Prämien, die er an die Beklagte gezahlt hat, ohne hierzu durch einen wirksamen Versicherungsvertrag verpflichtet gewesen zu sein. Im Rahmen einer gemeinschaftsrechtlich geforderten rechtsfortbildenden Auslegung einer nationalen Norm darf bei der Regelung der Rechtsfolgen des Widerspruchs nach nationalem Recht ein vernünftiger Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung zwischen den Beteiligten hergestellt werden. Der Versicherungsnehmer hat während der Prämienzahlung Versicherungsschutz genossen. Erlangter Versicherungsschutz ist ein Vermögensvorteil, dessen Wert zu ersetzen sein kann. Dieser kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen. Hierzu wird das Berufungsgericht noch Feststellungen zu treffen haben.

 


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Weichkosten von 24 % – Kanzlei Sommerberg schließt Vergleich wegen Geldanlage in Schiffsfonds

Mit einer gütlichen Einigung endete ein Rechtsstreit vor dem Landgericht Itzehoe, den die Anlegerkanzlei Sommerberg für eine Mandantin führte.

Geklagt hatte die Mandantin gegen eine Finanzberatungsfirma, nachdem sie sich im Jahre 2007 an dem geschlossenen Schiffsfonds MS „Helene S“ H+H Scheepers Reederei GmbH & Co. KG beteiligte. Die Mandantin erhält von der beklagten Beratungsfirma einen Betrag von 7.500 Euro.

Die Anlegerin machte geltend, dass sie im Vorfeld des Erwerbs der Beteiligung skeptisch gewesen sei vor allem auch wegen der langen Laufzeit des Fonds. Denn bei geplanter Ausschüttung des Geldes wäre sie immerhin 76 Jahre alt gewesen. All ihre Bedenken seien aber durch die Beratungsfirma zerstreut worden.

Worauf die Beratungsfirma allerdings nicht hinwies: Die Nebenkosten des Fonds (sogenannte „Weichkosten“, z.B. Kapitalbeschaffungskosten) betrugen stolze 24%, Geld also, das die Anleger zahlten, das jedoch nicht in Schiffe investiert wurde. In der mündlichen Verhandlung machte das Landgericht deutlich, dass es sich hierbei zweifelsohne um einen aufklärungspflichtigen Umstand handelt.

„Letztlich stellt die Zahlung an unsere Mandantin eine vernünftige Lösung des Rechtsstreits dar. Wir erleben es immer wieder, dass Kapitalanleger entweder gar nicht oder nicht richtig über die Weichkosten aufgeklärt werden. Dies ist für die Anlageentscheidung aber wichtig, denn der Geldanleger will und muss wissen, in welcher Höhe sein Geld renditebringend angelegt wird“, erklärt Rechtsanwalt Krajewski von der Kanzlei Sommerberg.

 


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Amtsgericht Itzehoe eröffnet Insolvenzverfahren: Prokon ist zahlungsunfähig und überschuldet

Das Amtsgericht Itzehoe hat heute das Insolvenzverfahren über das Vermögen des skandalumwitterten Windkraftfinanzierers Prokon eröffnet (Aktenzeichen 28 IE 1/14).

Die gegen die Prokon Regenerative Energien GmbH gerichteten Forderungen bezifferte das Insolvenzgericht mit  rund 391 Millionen Euro. Die vorhandenen liquiden Mittel bei Prokon sollen sich hingegen auf einen Betrag in Höhe von lediglich rund 19 Millionen Euro belaufen. Zum Insolvenzverwalter wurde Dietmar Penzlin, Hamburg, bestellt.

Für die Kleinanleger ist nun ungewiss, ob und wie viel Geld, das sie in die Prokon-Genussrechte investiert haben, zurückerhalten. Das Problem ist die sogenannte Nachrangigkeit der Forderungen der Genussrechtsanleger. Zunächst  werden alle anderen Gläubiger aus der Insolvenzmasse befriedigt und erst danach werden dann Genussrechtsanleger bedient. Wenn allerdings nach Befriedigung der „vorrangigen“ Gläubiger nur noch wenig Geld übrig bleibt, bekommen die Genussrechtsanleger nur noch eine geringe Quote. Verbleibt nach der Befriedigung der „vorrangigen“ Gläubiger gar keine Masse mehr, gehen die Anleger gänzlich leer aus.

Die Anlegerkanzlei Sommerberg vertritt mehrere Hundert Prokon-Anleger in ganz Deutschland. Sommerberg-Rechtsanwalt André Krajeweski erklärt:

„Wir werden nun die Forderungen für unsere Mandanten zur Insolvenztabelle anmelden. Wir haben eine umfassende Argumentation ausgearbeitet, wonach unsere Mandanten, die ihr Geld in die Genussrechte angelegt haben, nicht nachrangig bedient werden, sondern wonach unsere Mandanten verlangen können wie ´vorrangige` Gläubiger, also zuerst die Zahlung aus der Insolvenz zu erhalten. Die ungünstige Nachrangigkeit wird dadurch faktisch ausgeschaltet.“

Betroffene Anleger können sich gerne an uns wenden. Beratungstelefon: 0421 – 301 679 0.

 


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Rund 74.000 Genussrechts-Anleger bangen immer noch um ihr Geld. Große Verluste werden angesichts der jüngsten Krisenmeldungen immer wahrscheinlicher.