Sommerberg Anlegerrecht - Urteil

BGH erklärt Aus­schluss­klau­seln für unwirk­sam: Kapi­tal­an­le­ger erhal­ten Rechts­schutz

In vielen Fällen können Rechtsschutzversicherer ihren Kunden jetzt den Deckungsschutz nicht mehr verweigern, wenn es um darum geht, Schadensersatzansprüche wegen falscher Beratung im Zusammenhang mit Kapitalanlagen zu verfolgen.

Dies folgt aus zwei aktuellen Urteilen des Bundesgerichtshofes (BGH), sagt Rechtsanwalt André Krajewski von der Kanzlei für Kapitalanlagerecht Sommerberg.

Der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des BGH hat mit Urteilen vom 8. Mai 2013 (Az. IV ZR 84/12 und IV ZR 174/12) entschieden, dass die von zahlreichen Rechtsschutzversicherern in ihren Versicherungsbedingungen verwendete „Effektenklausel“ und die „Prospekthaftungsklausel“ unwirksam sind.

Mehrere Rechtsschutzversicherungen haben ihren Versicherungskunden bislang den Kostenschutz unter Berufung auf folgende Klauseln in den Versicherungsbedingungen verweigert:

„Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Anschaffung oder Veräußerung von Effekten (z.B. Anleihen, Aktien, Investmentanteilen) sowie der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (z.B. Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds).“

Klauseln mangels Transparenz unwirksam

Der BGH hat jetzt jedoch erkannt, dass diese Klauseln wegen mangelnder Transparenz gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam sind, weil der durchschnittliche Versicherungsnehmer ihnen nicht hinreichend klar entnehmen kann, welche Geschäfte von dem Ausschluss erfasst sein sollen. Hierfür kommt es nur auf dessen Verständnis nach dem allgemeinen Sprachgebrauch des täglichen Lebens an, weil es sich weder bei „Effekten“ noch bei „Grundsätzen der Prospekthaftung“ um fest umrissene Begriffe der Rechtssprache handelt, so die Begründung des BGH.

Rechtstipp

Anwalt Krajewski: Die Unwirksamkeit der Ausschlussklauseln ist bedeutsam für geschädigte Anleger mit Rechtschutzversicherung, die beabsichtigen, Schadensersatz vor allem wegen falscher Anlageberatung über Geldanlagen in Wertpapiere oder geschlossene Fonds geltend zu machen. Anders als vielfach bislang erfolgt, können mehrere Rechtsschutzversicherer nun nicht mehr mit Hinweis auf diese Auschlussklauseln den Kostenschutz ablehnen, sondern müssen ihre Versicherungsnehmer finanziell bei der Rechtsverfolgung unterstützen.


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Sommerberg Anlegerrecht - Aktien

Bayer muss für Schering-Kauf nach­bes­sern: 300 Mil­lio­nen Euro wei­tere Abfin­dungs­kos­ten

Verfahrensbevollmächtigter Olaf Hasselbruch (Kanzlei Sommerberg): Etappensieg vor Landgericht Berlin für Ex-Minderheitsaktionäre der Schering AG.

In finanzieller Hinsicht ist für den Pharmakonzern Bayer die Übernahme des früheren Berliner Konkurrenten Schering noch längst nicht abgeschlossen. Wenn sich der aktuelle Beschluss des Landgerichts Berlin bestätigt, könnten auf das Unternehmen noch Abfindungskosten für die Schering-Aktionäre von mehr als 300 Millionen Euro zukommen.

Rechtsanwalt Hasselbruch vertritt als Verfahrensbevollmächtigter in dem Spruchverfahren vor dem Landgericht Berlin mehrere institutionelle und private ehemalige Aktionäre der Schering AG gegen Bayer. Der Aktienrechtler bei der Kanzlei Sommerberg spricht von einem großen Erfolg: Das Landgericht Berlin hat mit dem mir heute zugestellten Beschluss erheblich höhere Abfindungszahlungen festgelegt als von Bayer geboten.

Berechnungen zufolge könnten die Aktionäre daher nun mit einer massiven Nachzahlung rechnen. Bayer muss nach der Beschlusslage statt der angebotenen 89,36 Euro nunmehr 124,65 Euro je Schering-Aktie zahlen. Auch der jährlich zu zahlende Ausgleichsbetrag fällt der Gerichtsentscheidung nach höher aus: 5,11 statt 3,62 Euro (netto). Bayer muss die Nachzahlung zudem verzinsen, so dass die ehemaligen Schering-Aktionäre mit einer Nachzahlung von etwa 46 Euro je Aktie rechnen können, wenn der Beschluss des Spruchgerichts rechtskräftig werden sollte. Bezogen auf rund 7,2 Millionen Aktien, die von außenstehenden Aktien gehalten wurden, summiert sich die Nachzahlung auf über 300 Millionen Euro.

Das Leverkusener Pharmaunternehmen Bayer übernahm im Jahr 2006 den Berliner Pharmahersteller Schering AG für insgesamt rund 17 Milliarden Euro. Die Aktien der Schering AG waren börsennotiert. Im Rahmen der Übernahme schloss die Schering AG am 31. Juli 2006 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit einer Gesellschaft aus dem Bayer-Konzern. Der Vertrag sah vor, dass die Schering AG ihren gesamten Gewinn an die Bayer-Gesellschaft abführen muss und fortan von den Leverkusenern beherrscht wird. Für die damit verbundenen Rechtsbeeinträchtigungen bot Bayer den Schering-Minderheitsaktionären eine Abfindungszahlung von 89,36 Euro je Aktie an sowie eine jährliche Ausgleichszahlung für den Verlust des Gewinnbeteiligung von 3,63 Euro (netto) je Aktie.

Da sie diese Abfindung- und Ausgleichsangebote finanziell für deutlich zu gering hielten, haben Rechtsanwalt Hasselbruch und mehrere weitere Anwaltskollegen sowie verschiedene sonstige Antragsteller Anträge bei dem Landgericht Berlin erhoben gerichtet auf gerichtliche Feststellung einer höheren Kompensationsleistung. Mit Beschluss vom 23. April 2013 (Az. 102 O 134/06 AktG) hat das Gericht den Anträgen jetzt stattgegeben.

Sommerberg-Anwalt Hasselbruch: Wir prüfen nun die 130-seitige Gerichtsentscheidung und werden dann entscheiden, ob wir das Rechtsmittel der Beschwerde einlegen werden, um eine noch höhere Ausgleichzahlung und Abfindung zu erzielen. Auch der gegnerischen Bayer-Gesellschaft steht das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den Landgerichtsbeschluss offen.

 


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