Sommerberg Anlegerrecht - Immobilien

BGH: Banken müssen über Schließungsrisiko bei offenen Immobilienfonds aufklären

Rechtsanwalt André Krajewski von der Anlegerkanzlei Sommerberg begrüßt die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH): „Der BGH hat mit seinen Entscheidungen zu den offenen Immobilienfonds die Rechte geprellter Fondsanleger nachhaltig gestärkt.

Der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat hat sich am 29. April 2014 in zwei Verfahren mit der Haftung einer Bank wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an einem offenen Immobilienfonds befasst.

Die klagenden Anlegerinnen erwarben in beiden Verfahren im März 2008 (XI ZR 477/12) bzw. im Juli 2008 (XI ZR 130/13) nach Beratung durch die beklagte Bank jeweils Anteile an einem offenen Immobilienfonds. Die Fondsgesellschaft setzte im Oktober 2008 die Rücknahme der Anteile gemäß § 81 InvG aus. Die Klägerinnen wurden in beiden Fällen in den Beratungsgesprächen nicht auf das Risiko einer Aussetzung der Anteilsrücknahme hingewiesen, sogenanntes Schließungsrisiko. Sie beanspruchen im Wege des Schadensersatzes das investierte Kapital unter Abzug eines erzielten Veräußerungserlöses bzw. erhaltener Ausschüttungen zurück.

Während die Klage in der Sache XI ZR 477/12, zuletzt beim OLG Dresden, in den Vorinstanzen erfolglos geblieben ist, wurde ihr in der Sache XI ZR 130/13 erstinstanzlich stattgegeben und die Berufung der Beklagten bei dem OLG Frankfurt am Main zurückgewiesen.

BGH: Bank muss ungefragt über Aussetzung der Anteilsrücknahme aufklären

Der BGH entschied nun im Sinne der Bankkunden und stellte fest, dass eine Bank, die den Erwerb von Anteilen an einem offenen Immobilienfonds empfiehlt, den Anleger ungefragt über das Bestehen der Möglichkeit einer Aussetzung der Anteilsrücknahme durch die Fondsgesellschaft aufklären muss.

Kennzeichnend für regulierte Immobilien-Sondervermögen ist, dass die Anleger gemäß § 37 InvG aF ihre Fondsanteile grundsätzlich jederzeit liquidieren, d. h. zu einem im Gesetz geregelten Rücknahmepreis an die Kapitalanlagegesellschaft zurückgeben können, so der BGH weiter. Die in § 81 InvG aF geregelte Möglichkeit, die Anteilsrücknahme auszusetzen, stellt dementsprechend ein während der gesamten Investitionsphase bestehendes Liquiditätsrisiko dar, über das der Anleger informiert sein muss, bevor er seine Anlageentscheidung trifft. Ob eine Aussetzung der Anteilsrücknahme zum Zeitpunkt der Beratung vorhersehbar oder fernliegend ist, spielt für die Aufklärungspflicht der Bank keine Rolle.

Der BGH weist darauf hin, dass Anleger ihre Anteile an einem offenen Immobilienfonds zwar auch während einer Aussetzung der Anteilsrücknahme weiterhin an der Börse veräußern können. Dies stellt angesichts der dort möglichen Beeinflussung des Preises durch spekulative Elemente aber kein Äquivalent zu der Möglichkeit dar, die Anteile zu einem gesetzlich geregelten Rücknahmepreis an die Fondsgesellschaft zurück zu geben.

Auf die Frage, ob eine Aussetzung der Anteilsrücknahme den Interessen der Anleger dient, kommt es nach Meinung des BGH für die Aufklärungspflicht der Bank nicht an. Die vorübergehende Aussetzung der Anteilsrücknahme soll der Gefahr einer wirtschaftlich nicht sinnvollen Verwertung des Fondsvermögens in einer Krisensituation vorbeugen. Da die Aussetzung jedoch dem Liquiditätsinteresse der Anleger entgegensteht, ist hierüber vor der Anlageentscheidung aufzuklären.

Die Anlegerschutzkanzlei Sommerberg vertritt zahlreiche Anleger, die auf Empfehlung ihrer Bank Geld in offene Immobilienfonds angelegt haben, bei denen es dann aufgrund von Liquiditätsproblemen zu einer Fondsschließung gekommen ist.

Es handelt sich um die Fonds Degi International und Degi Europa, AXA Immoselect, KanAm Grundinvest, Morgen Stanley P2 Value, CS Euroreal, SEB ImmoInvest sowie um den Fonds Premium Manangement Immobilien-Anlagen (PMIA).

Schätzungen zufolge wurden mehreren Hunderttausend Kleinanlegern Anteile an diesen offenen Immobilienfonds verkauft. Viele Anleger haben mit den Fonds große Verluste gemacht. Die Börsenpreise für mehrere Fonds sind teilweise im zweistelligen Prozentbereich eingebrochen.

Sommerberg-Anwalt Krajewski: „Wir haben bereits in der Vergangenheit für unsere Mandanten Schadensersatz verlangt mit der Begründung, dass die Bank es versäumt hat, über das ungewollte Schließungsrisiko aufzuklären. Für viele Anleger konnten wir mit dieser Argumentation zwar eine Schadensregulierung durchsetzen. In anderen Fällen lehnten die Banken aber rigoros Schadensersatzzahlungen ab, weil angeblich nicht über das Schließungsrisiko habe aufgeklärt werden müssen. Das ist aber falsch, wie der BGH nun entschieden hat. Die Entscheidungen des BGH werden insofern die Durchsetzung der Schadensersatzforderungen erheblich erleichtern.

 


Autor: Thomas Diler / Google+
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